Samstag, 20. April 2019

Perfekter Sichtbeton mit getupftem Kürbis drübergestreut - Bilder update

Eine der Inseln in der Inlandsee vor Okayama ist Naoshima. Seit die Benesse Corporation (die eigentlich anders hieß, ich hab vergessen wie, und ihren Namen auf Benesse geändert hat) die Insel für ihr Benesse Art Site Projekt ausgewählt hat, hat sich die Insel zu einer der größten Touristenattraktionen der Gegend entwickelt. Vorher hatte man mit Niedergang der ansässigen Industrie und des Fischfangs und sinkenden Einwohnerzahlen zu kämpfen. Nun sind auch auf einigen der angrenzenden Inseln bereits Kunstprojekte zu finden. Zum Beispiel auch auf Teshima, dessen Teshima Art Museum mit seinem gewölbten Kuppelraum mich sehr interessiert hätte, aber das ging sich schon allein wegen der Fährzeiten an nur einem Tag gemeinsam mit Naoshima einfach nicht aus. Grummel.
Aber Naoshima haben wir geschafft. Und das allein war toll genug.
Von Okayama sind wir mit dem Lokalzug nach Uno gefahren und von dort mit der Fähre nach Naoshima übergesetzt. Der Ankunftsort heißt Miyanoura. Dort gäbe es auch das eine oder andere zu sehen, zum Beispiel das Bad-Kunstprojekt I Heart Yu. Oder man fährt gleich mit einem der lustig gepunkteten Busse weiter.


Die Benesse Art Site liegt ein paar Kilometer entfernt ganz im Süden der Insel. Auf dem Weg dahin liegt an der Ostseite der Insel noch der kleine Ort Honmura. Dort ist das Art House Project zu finden. Mehrere, zumeist traditionelle Häuser wurden von derzeitigen Künstlern zu Kunstinstallationen umgewandelt. Oft unter Einbeziehung lokaler Geschichte. Relativ neu unter den Projekten ist das Ando Museum.


Von außen ein schlichtes Holzhaus im traditionellen Stil, entfaltet sich im Inneren und in die Tiefe gehend die erwartete schlichte Sichtbeton-Architektur. Das Museum ist klein, neben den Projekten für Naoshima sind auch ein paar andere Projekte, unter anderem eine Kirche und ein Reihenhaus in Osaka, ausgestellt.
Die anderen Installationen in Honmura haben wir uns dann nicht angesehen, uns zog es zur Benesse Art Site. Dabei soll unter anderem James Turrells Lichtinstallation in Minami-dera ganz toll sein.
Aber wir waren vor allem auf das Chichu Art Museum gespannt, und da sind wir dann auch als erstes hingefahren. Zuerst mit dem lokalen Bus bis zum Tor der Benesse Art Site, dann mit dem Benesse Bus weiter. Der ist übrigens kostenlos zu nutzen. Das Chichu Art Museum ist von den derzeit drei Museen vom Eingang aus das letzte und auch das am höchsten gelegene. Was wir nicht wussten, trotz Studiums der Website, war die Sache mit der Reservierung der Zeiten, an denen man Tickets kaufen kann. Wurde anscheinend letztes Jahr eingeführt. War dann aber kein Problem. Anscheinend ist zwar sonst im Land zur Kirschblütenzeit viel los, aber auf Naoshima war noch nicht Hochsaison. Unser Glück. Es waren zwar überall nicht wenig Leute, aber Schlange stehen mussten wir eigentlich nirgends. Und auch unsere Tickets für Chichu bekamen wir recht schnell. Die übrigens recht teuer sind. Und obwohl die Museen alle zur Art Site gehören, gibt es unverständlicherweise kein Kombi-Ticket. Jedes der Museen ist einzeln zu bezahlen. Zumindest für schnöde Tagesgäste. Für Gäste, die in einem der Häuser des Benesse House übernachten, gibt es nämlich ganz andere Möglichkeiten. Leider zählen die Unterkünfte alle zur Luxuskategorie und waren deshalb nichts für unser Budget. Nett wäre es nämlich schon gewesen, entweder im Museum oder im Oval oder Park oder Beach, zumeist mit Meerblick zu nächtigen.
Und auch die Gebäude der Unterkünfte sind ebenso wie die Museen alle Architektur von Tadao Ando. Oder eigentlich Ando Tadao, da in Japan immer zuerst der Familienname und dann erst der Vorname genannt wird.
Es war also sehr viel Sichtbeton zu sehen. Aber was für Sichtbeton. Diese Qualität hat mein leider inzwischen in Pension gegangener ehemaliger Chef jahrelang versucht zu erreichen und den Kampf leider immer verloren.


Mal abgesehen von einigen anderen Details. Den mindestens 10m langen, eher noch mehr, leicht schräg ansteigenden waagrechten Schlitz hätte ich gerne der Projektstatik zuhause gezeigt. Leider ist fotografieren nicht erlaubt. Nicht nur, dass man die Kunst nicht fotografieren darf. Nein, im Chichu Art Museum ist dezidiert auch das Fotografieren der Architektur nicht erlaubt. Einzige Ausnahme ist im Café das Essen und die Aussicht, die darf man fotografieren.
Und bei all dem Sabbern über den Sichtbeton fiel noch kein Wort über das Gebäude selbst. Das es als solches wahrnehmbar gar nicht gibt. Denn eigentlich ist das Chichu Art Museum eine Folge von unterschiedlich geometrischen Räumen, die in den Berg eingegraben sind. Mit natürlichem Licht, das die Räume durch wiederum unterschiedlich geformte Höfe erhalten. Und Oberlichter. Das Dach ist begrünt, so dass von oben wirklich nur die Höfe und Oberlichter wahrnehmbar sind.
Die Räume sind genau auf die Kunst der drei ausgestellten Künstler zugeschnitten. Besonders groß ist das Museum also nicht. Aber sehenswert. Ein Raum enthält fünf von Monets Seerosenbildern. Sonst nichts. Nur das gedämpfte Licht des Oberlichts hat der Raum eine ganz eigene Stimmung. Eine kleinere Abfolge von Räumen ist Lichtinstallationen von James Turrell gewidmet. Und ein großer Saal ist genau auf ein paar Skulpturen von Walter de Maria zugeschnitten. Von dem wir zugegebenermaßen vorher noch nichts gehört hatten.

Das zweite Museum, das Lee Ufan Museum, haben wir uns nur von außen angesehen. Die paar wenigen Fotos, die einen Eindruck von der Architektur und von der Qualität des Sichtbeton übermitteln können, haben wir dort gemacht.



Bliebe noch das Benesse House. Und die über das Gelände verteilten Skulpturen und Installationen.
Das 1992 eröffnete Benesse House war das erste Museum auf der Insel und zeigt neben der Dauerausstellung ortsbezogen geschaffene Werke. Da waren tolle Sachen dabei. Zum Beispiel eine Installation von Louise Nevelson aus der Serie Night Totality von 1974. Die mir bekannt vorkam. Kurze Recherche bei den Handyfotos ergab, dass wir letztes Jahr in der Londoner Tate Modern eine ähnliche Skulptur aus der Serie gesehen hatten.

Die am Gelände und vor allem am Strand verteilten Skulpturen sind auch sehenswert. In der Nähe des Beach-Komplexes nahe des Tores stehen ein paar Skulpturen von Niki de Saint Phalle. Und auf einem Steg einer der beiden getupften Kürbisse von Yayoi Kusama. Der gelbe mit den schwarzen Tupfen, der inzwischen zum Markenzeichen von Naoshima avanciert ist.


Und mit dem roten mit schwarzen Punkten gleich beim Fähranleger in Miyanoura der Grund ist, warum die lokalen Busse und auch die Fähre nach Uno so lustige bunte Tupfen haben. Der Kürbis am Steg der Benesse Art Site ist relativ klein, gerade mal mannhoch. Der beim Fähranleger ist vielleicht ein bisschen höher, aber auch von größerem Umfang. Und innen hohl. Einige der Punkte sind als Löcher ausgeschnitten, und es gibt ein großes Zustiegsloch. Und dieser Kürbis ist dann auch die Attraktion. Nicht nur die Kinder haben Spaß mit lustige Fotos machen :)

Yayoi Kusama hat seit einiger Zeit auch ein eigenes kleines Museum in Tokyo. Das wir leider nicht besichtigen werden, da die Anmeldezeit 2 (!) Monate im Voraus ist und wir das zu spät gesehen haben

Heike

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